In der kleinen Grotte am Schlossteich gibt Amandine Carbuccia ein Harfen-Konzert. (CARMEN JASPERSEN)
St. Magnus. „Wir sind wieder da!“ hieß es hoffnungsvoll im Flyer, mit dem die Bremer Philharmoniker ihren ersten Auftritt nach der Sommerpause angekündigt hatten. Und dies, obwohl es noch kurz zuvor witterungsbedingt weit eher nach einer Absage aussah. Aber, als ob der Himmel selbst sein Plazet gegeben hätte, herrschte am Veranstaltungssonntag wahres Kaiserwetter mit strahlendem Sonnenschein. Beste Bedingungen also, um Knoops Park in ein kleines Musikparadies zu verwandeln. Gleichzeitig an neun unterschiedlichen Open-Air-Standorten hatten sich die Musiker als Solisten bis zur Quartettbesetzung postiert, um die vielen Zuhörer über die Mittagszeit in der wunderschönen Umgebung mit einem unterhaltsamen Wandelkonzert zu erfreuen.
Grenzen im Hinblick auf musikalische Genres waren aufgehoben, nicht aber die gewohnt exzellente musikantische Qualität der Ausführenden. Da konnte man etwa auf der Jünglingshöhe mit ihrem weiten Blick über das Werderland gleich zu Beginn einem anrührend zarten Bach-Arioso lauschen, das mit der sehr ungewöhnlichen Instrumentenkombination von Cello und Vibrafon in kammermusikalischer Feinheit vorgetragen wurde.
Applaus aus dem Ruderboot
Direkt an der Büste von Admiral Brommy hatte sich das Fagott-Quartett eingefunden. Das Fagott nur als „Auspuff des Orchesters“, wie bisweilen scherzhaft behauptet wird? Von wegen. Ob ein „Happy Day Foxtrott“ oder ein schmissiger „Tango Argentino“, ob langsamer Walzer oder ein schwungvolles Concerto Grosso von Vivaldi: Die Truppe hatte es so gut drauf, dass selbst eine Rudermannschaft ihr Training auf der Lesum kurzerhand stoppte und mit Klopfen auf den Bootsrumpf „applaudierte“.
Saloneske Töne bot auch das direkt am Café Knoops Park positionierte Streicherquartett, das sich passend „Con brio“ („mit Schwung“) nannte. Ohrenschmeichler wie Elgars „Salut d‘amour“ oder Kreislers „Schön Rosmarin“ waren ebenso wie „O Sole mio“ oder Zarah Leanders „Ich weiß, es wird einmal ein Wunder gescheh‘n“ – Letzteres in Corona-Zeiten ein durchaus passender Wehmutssong – eine ideale Untermalung für einen Drink oder ein Eis aus dem Café.
Wer es bei dem musikalischen Spazierganso richtig romantisch haben wollte, der konnte in der zauberhaften Kulisse der kleinen Grotte am Schlossteich den edlen Klängen der imposanten Konzertharfe von Amandine Carbuccia lauschen: perlenden Arpeggien und wunderschönen Melodiefolgen, die wie schwerelos über dem Wasser zu schweben schienen.
Etwa einhundert Meter entfernt, gleich neben dem bronzenen Baron Knoop, hatte Bratschist Boris Faust seinen Stellplatz. Und über diese Entfernung übten sich die beiden Solisten zwischen ihren grandiosen Einzeldarbietungen auch immer wieder als Harfe-Viola-Duo in perfekt abgestimmten Aufführungen von geradezu sphärischer Raumklangwirkung.
Das Fidis-Streichquartett wartete mit der 2011 entstandenen modernen Komposition „Lichtung“ von Carola Brauckholt auf; doch wer mit deren ungewöhnlichen, indes mit bisweilen raffinierter Bogentechnik erzeugten Tönen nicht so recht etwas anzufangen wusste, der konnte einfach auf das nachfolgend gespielte Beethoven-Streichquartett warten.
Oder man begab sich zu einem schattigen Plätzchen in den Skulpturengarten von Kränholm, um den sonoren Klängen des „Posaunen 4tetts“ zu lauschen. Da wechselten Gershwin-Titel wie das berühmte „Summertime“ mit jazzigem oder gefühlvoll intonierten alten Volksliedweisen wie „Am Brunnen vor dem Tore“ oder „Ännchen von Tharau“.
Der Kontrast zur nicht weit entfernten Musikwerkstatt hätte kaum größer sein können: Dort animierten die beiden Vollblutperkussionisten Mathias Entrup und Thomas Schacht ihr Publikum mit rasant getrommelten und auf diversen urigen Schlaginstrumenten erzeugten afrikanischen Rhythmen zum Mitmachen mit launigen Sprechchören wie „Erdmännchen, Warzenschwein“.
Und dass selbst ganz banale Kinderlieder das Zeug zu echten musikalischen Kunstwerken haben, bewies das am Lesumhafen positionierte Horn-Quartett, das seine virtuos absolvierte Programmfolge beendete mit „Alle meine Entchen“ und „O du lieber Augustin“, beides allerdings in veredelten Variationen und beinahe so effektvoll, als seien sie von großen Meistern komponiert.
Strahlende Gesichter bei Jung und Alt, bei Akteuren und Zuhörern waren an allen Stationen zu sehen. Am liebsten hätte man sich beim knapp zwei Kilometer langen Gang durch Knoops Park an jeder einzelnen Station noch deutlich länger aufhalten mögen. Doch nach leider viel zu schnell vergangenen zweieinhalb Stunden war der vollauf gelungene Auftakt in eine noch immer unsichere Konzertsaison vorbei. Ob es wohl eine Wiederholung dieses heiter-gemütvollen Konzertformats im nächsten Jahr geben wird? Sehr gerne!
September 01, 2020 at 12:00PM
https://ift.tt/31TxvLC
Musikalischer Spaziergang im Park - WESER-KURIER
https://ift.tt/3iCiWm5
wunderschönen
No comments:
Post a Comment